Pangea Ultima trifft Diego Piñera (01/2018)

Alfred Wegeners Theorie der Kontinentalverschiebung hat es erst möglich gemacht, in sich verschiebenden Landmassen zu denken. Er erfand auch die Wortschöpfung pangea für den letzten Superkontinent, der dann in unsere heutigen Kontinente „zerbrach“. Soweit der tektonische Unterbau zum Album des deutsch-mexikanischen Band-Projekts Pangea Ultima, das sich nach einem in der Zukunft möglicherweise wieder entstehenden Superkontinent benannt hat, auf dem „alle territorialen Grenzen überwunden sein werden“.

Pangea Ultima
Espacios abiertos
Neuklang

Grenzen überwinden ist auch das Ziel der Musiker um den mexikanischen Gitarristen José Díaz de León. Sie fusionieren Klänge aus Europa, Südamerika, Afrika und Asien in einem Stilmix aus Jazz, Funk und Rock. Der erste Titel, der nach einem westafrikanischen Gericht benannt ist (in der CD abgedruckt), kommt nach einem langen Flötenintro mit E-Gitarre und E–Bass funky daher, „Festejo“ entführt uns in die Welt afro-peruanischer Rhythmen und „Tectonic shift“ (da ist sie wieder, die Tektonik!) zeigt indische Einflüsse. Südamerika ist nicht nur durch Rhythmen und Personal präsent, sondern auch mit berühmten Texten: So kombiniert Díaz de León sehr schön den Text „Poema al sol“ von Pablo Neruda mit dem Titel „Solar“ von Miles Davis, der hier zu einem flotten Folkloretitel mutiert, und er interpretiert „Alfonsina y el mar“ von Ariel Ramirez und Felix Cesar Luna, ein in ganz Lateinamerika bekanntes Lied über den Selbstmord der argentinischen Dichterin Alfonsina Storni. „Spain“ von Chick Corea verwandeln die Musiker in eine lebhafte Rumbaversion, bei der das Flötenspiel des Originals beibehalten wird. Die Flöte des Peruaners Daniel Manrique Smith gibt vielen Titeln eine besondere „Note“, so auch dem fröhlichen, durchaus tanzbaren „Ritmo peligroso“.

 

Der Flötist Daniel Manrique Smith spielt auch auf dem neuen Album des uruguayischen Schlagzeugers Diego Piñera mit. „Despertando“ ist eine Mischung aus Jazz und lateinamerikanischen Klängen und Rhythmen, was schon im ersten Titel zum Ausdruck kommt, der – leicht und fröhlich klingend – an den uruguayischen candombe angelehnt ist, gewidmet Piñeras Lehrer Osvaldo Fatturoso (Drummer der legendären Rockband Los Shakers).

Diego Piñera
Despertando
ACT

Das sowieso immer gut klingende „Caravan“ von Duke Ellington erhält eine rhythmische Frischzellenkur und klingt ebenso mitreißend wie das von Piñeras Vater geschriebene „Yakarito Terere“ oder die Interpretation von Sonny Rollins‘ Hommage an die Karibikinsel „St. Thomas“. Das titelgebende Stück hingegen ist eine schöne Ballade zum Aufwachen, mit der interessanten Kombination von Steel-Drum, Akkordeon und Trompete. Dass Piñera mit „A puerto padre“ ein Stück des genialen, aber weithin unbekannten kubanischen Pianisten Emiliano Salvador ausgewählt hat, zeugt von seiner Kenntnis des lateinamerikanischen Repertoires. Drei weiteren lateinamerikanischen Klassikern, Gato Barbieris „Last Tango in Paris“ und Ernesto Lecuonas „La comparsa“ sowie dem traditionellen „Duerme negrito“, fügen die Musiker – neben Piñera und Manrique Smith der kubanische Bassist Omar Rodriguez-Calvo, der Pianist Tino Derado und der Trompeter Julian Wasserfuhr, originelle Facetten hinzu. Ein Album, das von 1-11 gute Laune verbreitet und ein weiterer, sehr individueller Beitrag zur Bereicherung des Latin-Jazz-Kosmos.

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