Weltmusikmesse Womex III (06/2005)

Argentinien war – trotz Wirtschaftskrise – mit einem großen Stand auf der WOMEX präsent. Dort wurden neben traditionellem Tango viele neue Produktionen vorgestellt. Die Band Mc Dougall Tango folgt dem neuen Trend und bastelt aus Tangoelementen, Jazz und elektronischen Klängen auf „San Telmo Lounge“ (Epsa) intelligente, entspannte Lounge- und Tanzmusik. Die Gruppe Debayres hatte auch diese Idee, setzt sie aber wenig geistvoll um. Auf ihrem Album mit dem phantasievollen Titel „Tango“ (Loshe Rec.) überwiegen kitschige Arrangements oder platte Housemusic. Einen anderen Weg gehen Juanjo Domínguez und Lidia Borda.

Der Gitarrist hat sich für seine Produktion „Corazón Guitarrero“ (Epsa) 15 Tangos von Carlos Gardel ausgesucht, die er gemeinsam mit drei weiteren Gitarristen sehr gelungen instrumental interpretiert. Auch die Sängerin Lidia Borda hat alte Tangos ausgewählt, denen sie mit ihrer Stimme und neuen Arrangements auf „Tal vez será tu voz“ (Epsa) gekonnt neues Leben einhaucht.

EI Terceto hingegen ist ein Jazztrio, das neben Eigenkompositionen Tangos spielt. Dabei kommt es auf der CD „Tocatangó“ (Epsa) zu sehr gelungenen Improvisationen, wie im Falle von „Naranjo en flor“ oder „María“.

Auch La Chicana setzen bei ihrer teils rockigen Tango-Musik auf eigene Stücke, die das akustische Quintett mit surrealen und deftigen Texten versieht, die die heutige Lebenswirklichkeit spiegeln. Auf „Tango agazapado“ (galileo mc) findet sich auch eine sehr gelungene Version von Brechts „Die Ballade vom Weib und vom Soldaten“. Die Auszeichnung als bestes Album in der Kategorie „Nuevo Tango“ bei den Premios Gardel (die argentinischen Grammies) zeigt, dass La Chicana allgemein respektiert wird.

 

Wer sich übrigens für die Musik der Urväter (bzw. -mütter) des Tango interessiert, wird sich über eine Neuerscheinung in der Reihe „Masters of Tango Argentino“ des Labels Danza y Movimiento freuen: Volume 2 dokumentiert einen Teil des Werkes der Sängerin Mercedes Simone, die zwischen 1927 und 1966 230 Titel aufgenommen hat.

 

 

Seine ganz eigene, avantgardistische Version des Tango spielt und komponiert schon lange der Uruguayer Luis di Matteo.

Anlässlich seines 70. Geburtstages hat sein deutsches Label Jaro nun eine Doppel-CD „Siempre hay algo nuevo“ herausgebracht, die einerseits einen Querschnitt seines Werks zwischen 1976 und 2000 hörbar macht, sowie das neue Album „Tango y más alla“ enthält.

Auch hier klingen seine Kompositionen wieder sehr modern und könnten ohne weiteres als Soundtrack für surreale oder sogar Horrorfilme dienen (die Sopranstimme von Anabela Varela bringt mich auf diese Idee). Immer wieder hörenswert.

Aus Deutschland stammt das Quartett Tango Five, das aber weniger Tango interpretiert als eine Mischung aus Tango, Klezmer und arabischer Musik, zu hören auf ihrem Album „Europique Music“ (Peregrina), auf dem sie mit Gästen ihre musikalischen Visionen wunderbar zu Gehör bringen.

 

 

Karamelo Santo sind eine sehr bekannte Ska-Punk-Rockband in ihrer Heimat, und dank ihres eifrigen Labels Übersee-Records auch in Deutschland.

Die vor Energie sprühenden Konzerte sind ein Erlebnis und auch die neue CD „Haciendo Bulla“ reiht sich da ein. 14 neue feurige Titel inklusive einer Coverversion von Rubén Blades.

 

 

Zum Schluss noch zwei Produktionen mit argentinischer Folklore: Das Duo Juan Falú und Marcelo Moguilevsky (Gitarre, Flöte), arabischer und jüdischer Abstammung, lässt auf „Semitas“ (Epsa) unbekannte Musik aus allen Teilen des Landes aus den Boxen klingen, vom gato, einem Tanz aus der Pampa, über die cueca aus Nordargentinien bis zu populären Liedern.

Das deutsche Label Pläne hat ein Konzert mit Instrumentalstücken des bekanntesten aller argentinischen Folkloremusiker, Atahualpa Yupanqui, veröffentlicht, das dieser 1978 in Köln gegeben hat. Auf „Concierto Instrumental“ spielt er zambas, chacareras, malambos uvm. Interessant: seine musikalische Verarbeitung zweier Gedichte Pablo Nerudas.

Cover: amazon