Mexiko hören (02/2013)

Der erste „Indianer“, der einen Weißen sah, machte eine fatale Entdeckung, schrieb sinngemäß Robert Gernhardt. Und das lässt sich auch beim Hören dieses sehr gelungenen Hörbuchs zur Geschichte Mexikos feststellen. Nicht dass die Vorgeschichte der Olmeken, Zapoteken, Maya oder Azteken unblutig gewesen wäre, wie den ersten acht Kapiteln zu entnehmen ist, in denen es auch um den Schöpfungsmythos des Popul Vuh geht oder um die drei erhaltenen Maya-Codices (in Dresden, Madrid und Paris), die z.B. über das Leben und die Taten des Königs „Jaguarkralle“ berichten. Aber richtig blutig wurde es erst, als die Spanier eintrafen, denen es u.a. durch den Aberglauben der Azteken und eine Frau namens Malinche leicht gemacht wurde, das heutige Mittelamerika zu erobern. Der Untergang der indigenen Reiche war besiegelt, nun bestimmten andere die Geschicke des Kontinents.

Mexiko hören
Hörbuch
Silberfuchs Verlag

Neben den geschichtlichen Ereignissen lässt der Text den Hörer aber auch durch Ausgrabungsstätten streifen oder erklärt kulturelle Phänomene. So erfährt man, wieso wir heute Jaguar, Schokolade und Tomate sagen und wie vielfältig die Algarve verwendbar ist. In den weiteren Kapiteln (insgesamt 20) geht es u.a. um den größten innerstädtischen Platz Lateinamerikas, Persönlichkeiten wie die Universalgelehrte Sor Juana Inés de la Cruz, den ersten indigenen Präsidenten Benito Juarez, um Diego Rivera oder – natürlich – um Emiliano Zapata und Pancho Villa, die Helden der Revolution von 1910 (die leider wenig bewirkte). Angereichert werden die Texte mit Literaturzitaten von z.B. Góngora oder Juan Rulfo. Und sie werden ergänzt bzw. untermalt von der jeweiligen Musik der Zeit. So hören wir barocke Klänge, Kirchenmusik von Manuel de Zumaya, „La Cucaracha“ (als Huldigung an Pancho Villa), Mariachibands oder die „nationalistischen“ Komponisten Manuel Ponce und Silvestre Revueltas (leider fehlen moderne Klänge z.B. aus der sehr lebendigen Rock- oder Hiphop-Szene).

Das Massaker von Tlatelolco-Platz (1968), die Entwicklung von Mexiko-City zur Megalopolis und die Gewaltexzesse der letzten Jahrzehnte beenden einen „Reiseführer“, der trotz oder gerade auch wegen solch realistischer Darstellungen Lust auf eigene Entdeckungen vor Ort macht! Der Schauspieler Rolf Becker spricht die Texte mit angenehmer und – manchmal etwas zu – ruhiger Stimme, die spanischen Ausdrücke und Namen hätte er noch etwas üben können. Wie immer in dieser Reihe rundet ein liebevoll gestaltetes Booklet mit Zeittafel das Paket ab.

Cover: amazon