Am Grab von Evita und auch von Che

Nein, komisch ist das schon. Da geht man das ganze Jahr über nicht auf den Friedhof, aber kaum ist man in fremden Städten unterwegs, möchte man wissen, wie und wo die lokalen Größen des Landes ihre letzte Ruhe gefunden haben. Mittlerweile gehört ein Abstecher zu den Gräbern illustrer Töchter und Söhnen der jeweiligen Stadt gewissermaßen zum Pflichtprogramm.

María Eva Duarte de Perón, Buenos Aires, Argentinien, Cementerio de Recoleta
In ganz Buenos Aires hätte es keinen treffenderen letzten Ruheplatz für die Präsidentengattin Juan Peróns geben können: Sie liegt im Cementerio de Recoleta im gleichnamigen Viertel.

evita_2Dort konkurrieren höherpreisige Restaurants um die dólares der Touristen und besser Betuchte können hier vortrefflich Shoppen. In den unzähligen Cafés trifft man sich, nicht nur wenn man Geld hat, auf ein Eis oder eben einen Kaffee in der Sonne. Wer am Wochenende kommt, hat dann sogar die Gelegenheit auf dem Mercado de artesanías mehr oder weniger kitschige Mitbringsel für die Daheimgebliebenen zu erstehen.

Es trifft also alles zusammen, was vordergründig so gar nicht zusammen passen will: Schönheit und Reichtum auf der einen, Mittelschicht und ein bisschen Armut auf der anderen Seite, vereint in argentinischer Lebensfreude – und mittendrin liegt María Eva Duarte de Perón, kurz: Evita. Schön, stolz und vom Volk als eine der ihrigen verehrt, hat der Klang ihres Namens auch über die Jahre nichts von seiner Anziehungskraft verloren.

Ganz nüchtern betrachtet, ist der Recoleta-Friedhof nichts Besonderes. Ein Friedhof wie so viele im Konglomerat Buenos Aires. Mit hohen Mauern, imposanten Gräbern, kunstvoll verzierte Mausoleen, mal klassizistisch, mal barock und einem Hauch von vergangenen, weil goldenen, Zeiten. Tagein tagaus kommen Scharen von Touristen, Einheimischen und glühenden Verehrern an das Grab mit der Nummer 42 auf dem Friedhofsplan. Diesen erhält jeder, der noch nicht da war, an der Eingangspforte.

Außer Peróns Gattin liegen hier etwa auch der Nobelpreisträger Luis Federico Leloir, der Schriftsteller Adolfo Bioy Casares oder die Schauspielerin Zully Moreno. Doch diese Namen sind nur wenigen interessierten Friedhofsbesuchern bekannt. Die Meisten wollen nur ein kleines Stückchen vom Evita-Mythos abbekommen. Jene Frau, die mit 15 Jahren aus dem hohen Norden des Landes in die Hauptstadt kam, zunächst im Radio moderierte und sich eher erfolglos als Schauspielerin durchschlug. Als Präsidentengattin Peróns wurde sie jedoch unsterblich. Unermüdlich kämpfte sie für die politischen Interessen ihres Mannes, forderte aber auch die Armen auf, sich gegen die Reichen zur Wehr zu setzen, was selbstredend nicht von allen politischen Seiten geschätzt wurde. Schließlich erreichte sie, dass in Argentinien das Frauenwahlrecht durchgesetzt wurde. Gerade für ihre aufopfernde Haltung, um ihre Ziele zu erreichen, lieben sie die Argentinier noch immer.

evita_1Ein Jahr vor ihrem Tod gründete sie die Eva-Perón-Stifung, eine Wohltätigkeitseinrichtung, die es bis heute gibt. Das ganze Land betrauerte Evitas Tod – und das bis heute. Täglich kann man Besucher, vornehmlich ältere Frauen, an der Krypta aus schwarzem Marmor stehen und, den Tränen nahe, beten sehen.

Zwischendurch drängeln sich Bauarbeiter mit Schubkarren und Touristen knipsen schnell ihre Bilder von den Gedenktafeln am Familiengrab der Duartes. Erst wenn der Friedhof um kurz vor sechs am Abend seine Pforten schließt, hat Evita bis morgens um sieben tatsächlich ihre wohlverdiente Ruhe.

Ernesto Guevara de la Serna, Santa Clara, Cuba
Ach, wie wurde er von verschiedenen Seiten nicht alles benannt? Revolutionär, Guerillero, Volksheld, Märtyrer – Gerade posthum treffen auf Che Guevara all jene Begriffe voll ins Schwarze. Dem Argentinier, der maßgeblich an der kubanischen Revolution unter der Regie Fidel Castros beteiligt war, wurde stolze 30 Jahre nach seinem Tod noch eine ganz besondere Ehre zuteil: ein Begräbnis auf kubanischem Boden.

Nicht allerdings wie man zunächst annehmen könnte, in Havanna, sondern in Santa Clara, etwa 230 Kilometer von der kubanischen Hauptstadt entfernt.

che_1Doch die Wahl ist keineswegs so beliebig wie sie dem unbedarften Reisenden auf den ersten Blick erscheinen mag. In dieser Stadt erzielte der Commandante Ende 1958 gegen die Batista-Armee seinen wohl wichtigsten Sieg und ebnete damit den Weg für den Erfolg der Revolution.

Dementsprechend sieht die letzte Ruhestätte „Ches“ auch aus, die stark an alte Sowjetzeiten erinnert. Bereits Ende 1987 wurde etwas außerhalb des Stadtzentrums ein Denkmal zum 20. Todestag Guevaras errichtet. Nachdem schließlich 1997 seine sterblichen Überreste in Bolivien gefunden und ausgegraben worden waren, überführte man diese mit einem Staatsbegräbnis in das eigens daneben erbaute Mausoleum. Zusammen mit 16 weiteren Weggefährten ruht der Revolutionär jetzt dort unmittelbar hinter seinem eigenen, wenngleich etwas entstelltem, Konterfei in einer mächtigen Wand. Das Grab unterscheidet sich, wie es sich für einen ordentlichen Sozialisten gehört, nicht sonderlich von den übrigen. Lediglich die etwas hervorstehende Wand, eine Extrakerze und eine Handvoll Blumen deuten den ganz besonderen Stellenwert des kubanischen Idols an.

che_2Tritt man anschließend aus der kühlen Grabkammer wieder auf den sonnigen Vorplatz, wird man von der dumpfen sozialistischen Architektur und der Hitze fast erdrückt. Über das weitläufige, betonierte Areal blickt ein bronzener „Che“ von einem Sockel herab; darunter die unvermeidlichen Worte Hasta la victoria siempre – bis zum immerwährenden Sieg.

Wer des Spanischen mächtig ist, kann auf dem etwas abseits stehenden Marmorblock Guevaras letzten Brief an Fidel Castro lesen, ehe er sich nach Bolivien davon machte. Mehr über das bewegte Leben des wohl berühmtesten Argentiniers, der sogar Maradona in den Schatten stellt, erfährt man im an das Mausoleum angeschlossenen Museum.