Auf Schatzsuche in Ecuador

Inmitten der Andenkordillere 250 Kilometer südöstlich von Quito, der Haupstadt Ecuadors, liegt ein kleiner Ort namens Pillaro. Seit 400 Jahren treffen hier fast jedes Jahr, sobald die Regenzeit vorüber ist, Fremde ein. Ausgestattet mit Lasttieren und einheimischen Führern, ziehen in die Berge. Alle haben den selben Wunsch: den Pfaden eines einzigen spanischen Exsoldaten zu folgen, der hier vor fast 400 Jahren seine Jugend verbrachte.

Südamerika 1590. 57 Jahre sind vergangen, seitdem der ehemalige Schweinehirte Francisco Pizarro mit 177 Mann das fast zehn Millionen Einwohner zählende Inkareich eroberte und den letzten Inkakönig Atahualpa erdrosseln ließ. Zu jener Zeit ist am nördlichen Rand des ehemaligen Inkareiches, in dem Städtchen Ambato (unweit von Pillaro), ein junger spanischer Soldat aus Salamanca stationiert – Juan de Valverde. Während seiner Dienstzeit heiratet er in eine mächtige und reiche Herrscherfamilie des Lasasaca Stammes ein. Valverde ist es, der die Angehörigen seiner Ehefrau in den folgenden Jahren vor Übergriffen seiner spanischen Landsleute bewahrt.

Vielleicht aus Dankbarkeit, vielleicht aber auch um seiner Tochter und ihrem Mann in dessen ferner Heimat zu einem besseren Leben zu verhelfen, nimmt der alte Fürst der Lasasaca Valverde eines Tages mit auf eine Reise in die Llangantiberge, deren Gipfel man bei gutem Wetter von Pillaro aus sehen kann. Nach Tagen anstrengender Wanderung auf Lamapfaden, der Überwindung zahlreicher Sümpfe, Flüsse und Schluchten erreichen sie ihr Ziel. Ein von Bergen umschlossener türkisblauer See liegt vor ihnen, auf dessen Grund es golden schimmert.

Der Alte führt Valverde in eine bis an das Ufer des Sees reichende Grotte, die voller Gold, Silber und Edelsteine ist. Sie packen zusammen, was sie auf dem langen Weg zurück tragen können und erreichen nach fast zwei Wochen Pillaro. Während der nächsten Jahre kehren die beiden noch mehrere Male an den türkisblauen See zurück, bevor sie die goldenen Gegenstände zu zwölf grossen Barren von jeweils 100 Pfund schmelzen.

Kurz vor Antritt der Rückreise ins Heimatland Spanien stirbt Valverdes Frau. Doch mit Hilfe eines befreundeten Padre gelingt es Valverde das Gold nach Spanien zu schaffen, wo es ihm zu grossen Besitztümern und dem Leben eines Edelmannes verhilft. Bis heute aber ist ungewiß, ob es Königstreue oder aber der sanfte Druck von Hofbeamten war, die Valverde dazu veranlaßten, sein Geheimnis, um den verschollenen Inkaschatz preiszugeben. Ebensowenig ist bekannt, an welchem Tag der königliche Sekretär Valverde, der krank und des Schreibens nicht mächtig war, half ein Dokument zu verfassen, das als „Derrotero de Valverde“ in die Geschichte eingegangen ist. Mit Gewißheit läßt sich nur sagen, daß es sich um den Zeitraum kurz vor dem Tod König Philipps II von Spanien im September 1598 handeln muß. Philipp II., der wie schon sein Vater Karl V. mit leerer Staatskasse regieren musste, ließ keine Möglichkeit ungenutzt, die ihm zu Barem verhelfen konnte. Als der König von der Niederschrift erfuhr entsandte er umgehend einen Kurier nach Quito. Jener Bote rüstete mit Hilfe zweier Landvogte eine Expedition aus, um den verborgenen Schatz der Inkas zu bergen.

Das geheimnisvolle Verschwinden des Expeditionsleiters Padre Longo bereitete dem Vorhaben ein abruptes Ende. Das Unternehmen war gescheitert.

Um 1790 kommt Don Atanasio Guzman, ein spanischer Botaniker nach Pillaro. Während der nächsten Jahre unternimmt er zahlreiche Erkundungen.

Dabei entdeckt er Gold- und Silberminen der alten Inkas. Unter großen Anstrengungen beginnt man die Minen auszubeuten und stellt die Suche nach dem Schatz Valverdes vorläufig ein. Erst 1807 erinnert sich Guzman seines ursprünglichen Vorhabens, stirbt aber im selben Jahr bei den Vorbereitungen zu einer neuen Expedition.

Guzmán verdanken wir die erste genaue Karte der Llanganatiberge. Da dieses Gebiet selbst heute noch zu den am wenigsten erforschten Südamerikas gehört, ist diese für Schatzsucher von unvorstellbarem Wert. Leider ist das Original des Wegweisers des Valverde 1835 aus dem Stadtarchiv von Tacunga verschwunden. Es gibt jedoch einige Abschriften aus früherer Zeit.

In den folgenden Jahren wurden weitere Versuche unternommen den Valverde-Schatz ausfindig zu machen. Viele Abenteurer bezahlten ihre Suche mit dem Leben. Das schwierige Gelände, die Überbrückung der Bergketten sowie die lang andauernde Regenzeit, die eine Suche nur innerhalb dreier Monate zuläßt, forderten ihren Tribut. Im Jahre 1950 und in den folgenden war es der schwedische Journalist Rolf Blomberg, der den Spuren Valverdes zu folgen trachtete. 1960 schloß sich ihm sein junger Landsmann Stellan Mörner an, ein Abenteurer, der sich alsbald selbständig machte und bis heute auf zehn Expeditionen in die Llanganatiberge zurückblicken kann. Zur Finanzierung der elften Expedition gründete Mörner Anfang 1970 in Stockholm die „Inka Bolaget“, eine Aktiengesellschaft, an der sich 2000 Interessierte mit einer Einlage von jeweils 500 Schwedenkronen beteiligen sollten.
Doch bis heute ist es noch niemandem gelungen den letzten Schatz der Inkas ausfindig zu machen. Es darf angenommen werden, daß jener Schatz von unvorstellbarem Wert noch immer im Hochland Ecuadors darauf wartet entdeckt zu werden.