Anti-Globalisierungssound vs. Ramón Valle (05/2006)

„La gente pobre no tiene lugar“ heißt es direkt in der ersten Textzeile, die mir aus der Box entgegen klingt. Die mexikanische Band Panteón Rococó formuliert, worum es bei dieser Compilation geht: Solidarität mit der Anti-Globalisierungsbewegung und mit den benachteiligten Menschen in Lateinamerika.

Diverse
Mestizo Music
Trikont

Die Verbindung von Widerstand und Musik hat auf diesem Kontinent Tradition: erst wurden Protestlieder gegen die Spanier gesungen, dann während der mexikanischen Revolution entsprechende corridos geschrieben. Zudem sind die Liedermacher der 60er und 70er Jahre, die gegen die Militärs und die USA ansangen, international bekannt.

Nun also eine neue Generation mit Ska, Hiphop, NuMetal, Raggamuffin und elektronischen Beats, vermischt mit traditionellen Klängen: Mit dabei Sargento Garcia, Karamelo Santo, die den IWF verdammen, die Kölner Band La Papa Verde, The Platform mit einem Dub gegen die Freihandelszone ALCA, Abuela Coca aus Uruguay, die Kolumbianer Bellavista Social Club, die gegen das Militär rappen uvm. Dazu ein dickes und informatives Booklet. Der Kampf gegen die Ungerechtigkeit wird ewig währen, aber zumindest musikalisch haben die Globalisierungsgegner schon gewonnen.

 

Ramón Valle, in Amsterdam lebender kubanischer Pianist, hat sein drittes Album auf ACT veröffentlicht. Es ist in der Reihe „Piano Works“ des Labels erschienen und enthält neben sechs berühmten Titeln des kubanischen Komponisten Ernesto Lecuona sechs Eigenkompositionen. Und vor allem dafür lohnt sich der Kauf des Albums.

Ramón Valle
Memorias
ACT

Nicht weil die Lecuona-Stücke schon auf der ersten CD veröffentlicht sind – auch sie sind wunderbar – nein, sondern weil Valles eigene Stücke, der Titel „Andar por dentro“ sagt es schon, sein melancholisches Inneres nach außen bringen, wie früher bei Keith Jarrett.

Perlen wie „Son-a-Tina“, eine Hommage an seine Freundin, oder „Levitando“ erinnern denn auch passagenweise an Jarretts „Köln-Konzert“ und andere seiner Amufnahmen aus den 70er Jahren. Das, im Wechselspiel mit den kubanischen Rhythmen von Lecuona, macht diese Platte des Ausnahmepianisten zu einem ganz besonderen Genuss.

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