Tropische Fahrerlaubnis Teil 2

Vier Jahre nach meinem ersten Führerscheinerwerb in Guatemala (siehe Teil 1) ging ich die Unternehmung ein zweites Mal an. Dieses Mal allerdings operierte ich hart an der Grenze des Illegalen, denn nicht für mich, sondern für meinen in Deutschland weilenden Bruder war das gute Stück bestimmt. Auch musste das Ausstellungsdatum zurück datiert sein, um dem Stempel im Reisepass zu entsprechen, den er ein Jahr zuvor bei einer Mittelamerikareise erworben hatte.

Ich begab mich also in die Zone 1 (Innenstadt) nahe der Polizei-Hauptdienststelle. Hier kannte ich aus der Zeit meines Führerscheinerwerbs einen ganzen Straßenzug mit tiendas für spezielle Anliegen aller Art. Meine Suche nach der mir bekannten Vermittlungsstelle blieb allerdings genauso vergebens wie die Suche nach irgendeiner der Anlaufstellen.

Am nächsten Tag zog daher ich bei meinen Kumpels del Zapote (des Geiers), so der Name der das ganze Land mit Bier und diversen Softdrinks versorgenden Brauerei, Erkundigungen ein und erfuhr sehr zu meinem Leidwesen, dass die Straße der Korruptionskampagne des neuen Präsidenten der Republik zum Opfer gefallen war.

Aber … – Juan, der Leiter des Sudhauses, zog mich ein wenig zur Seite – man könne in Guate, vorausgesetzt der Preis stimme, immer noch alles erwerben.

Am nächsten Mittag zogen wir gemeinsam zum Vorplatz des Polizeipräsidiums in der Innenstadt. Eine viertel Stunde hielten wir verstohlen Ausschau, nach wem oder was war mir noch unklar. Dann wendete sich Juan plötzlich an einen hageren unauffälligen Typen, der einen eher gestresst geschäftigen Eindruck vermittelte. Nach kurzer Erklärung beteuerte sein Blick uns zu warten.

Nach fünf Minuten steigerte sich meine Nervosität merklich, nach 10 Minuten war sich selbst Juan seiner Sache nicht mehr sicher, wir erwogen nach 20 Minuten die Unternemung abzublasen und uns in die nächste Bar zu begeben, blieben aber doch und endlich kam der Typ – allein, zum Glück.

„200 Quetzales (etwa 80 DM) morgen um die selbe Zeit am selben Ort!“ Ich gab ihm den Zettel mit allen wichtigen Daten meines Bruders und eine Anzahlung.

Die Nacht über, so muss ich gestehen, habe ich kein Auge zu getan: Was ist, wenn der Typ zunächst die Kohle kassiert und uns dann doch noch verpfeift, weil der zuständige Polizist leicht verdientes Geld beim deutschen Touristen wittert…?

Am nächsten Mittag Punkt 12 Uhr traf ich Juan. Kaum später kam unserer Kollege drückte mir verstohlen die Fahrerlaubnis in die Hand und verlangte das restliche Geld. Zuvor jedoch prüfte ich die Angaben und zahlte erst dann. Schnell weg, so mein Gedanke, denn immer noch spiele sich alles vor dem Präsidium in unmittelbarer nähe des Auges des Gesetzes ab.

Doch just in dem Moment als wir uns verabschiedeten fuhr mir der Schreck in die Glieder. Die ganze Zeit schon schien mir irgend etwas mit dem Führerschein nicht korrekt zu sein, aber erst jetzt bemerkte ich den Fehler: der Lappen erlaubte das Führen von LKWs. Mann, wie sollte man denn einer deutschen Führerscheinstelle klar machen, dass man mit 17 Jahren in Guatemala als Brummifahrer gearbeitet hatte. Und das, da bin ich mir sicher, wäre selbst in Guatemala ein äußerst schwieriges Unterfangen gewesen.

Also bat er uns in zwei Stunden noch einmal vorbei zu kommen. Weitere Nerven blieben auf der Strecke, aber diesmal klappte die Übergabe reibungslos und endlich konnten wir uns entspannt einem Gläschen Gallo widmen, bei welchem mir Juan versicherte, von nun an für Aktionen dieser Art zu alt zu sein.

Zwei Wochen später entdeckte ich im Spiegel mein erstes graues Haar – und wofür? Für nichts, denn die Bestimmungen in Deutschland hatten sich verschärft und der guatemaltekische Führerschein wurde nicht anerkannt.