Corona (Mexico)

1987. Deutschland trinkt deutsch! Biergenuss jenseits des Reinheitsgebotes übersteigt jegliches Vorstellungsvermögen der seit Jahrtausenden geeichten deutschen Kehlen. Einheitliche Halbliter-Dickbauchflaschen prägen das Bild in Ost und West. Und dann eröffnet irgendein Unbekannter das erste mexikanische Restaurant und importiert aus Jux und Dollerei ein Bier namens Corona. Und keine zwei Wochen später gerät das Bollwerk deutscher Bierkultur ins Wanken.

Corona in Deutschland WeisCorona ist die Königin der ersten Stunde; der erste Schritt in umgekehrter Missionierung, denn die Einführung des Bieres krempelt nicht nur den deutschen Biermarkt von links auf rechts, vielmehr öffnet sie germanisches Ohr und Aug für die Neue Welt. Das Erlernen der spanischen Sprache wird salonfähig, Reisen ins Reich der Azteken und Inka oder gar Castros rücken seit den späten 80ern ins Blickfeld, der bislang ausschließlich Europa erprobten Urlauber.

Am Geschmack des aztekischen Gebräus kann der revolutionäre Boom aber kaum gelegen haben. Dieser ist säuerlich trocken und erinnert eher an staubigen Cidre denn an herb fruchtigen Gerstensaft. Schon der Geruch ist säuerlich, entsprechend dem eines wahren Exportbieres. Nicht umsonst ist das Etikett in acht verschiedenen Sprachen gehalten. Das Glas schäumt beim Einschenken nicht über, sprich Schaumbildung ist quasi nicht vorhanden. Das liegt an der Zugabe des Eiweis abbauenden Enzyms Papain. Dieses verhindert Trübungen im Bier, schadet aber auch dem Schaum, der aus Eiweis besteht.

Doch wen kümmert es, Corona trinkt man zu 99% aus der Flasche. Die Farbe des Bieres ist extrem hell und wird in der aus durchsichtigem Glas bestehenden Flasche schutzlos dem Sonnenlicht ausgesetzt. Ein nach deutschem Reinheitsgebot gebrautes Bier könnte so nicht überleben, und so wundert es nicht, dass Corona mit dem Antioxidationsmittel Askorbinsäure aufwartet. Im Volksmund besser bekannt als Vitamin C beugt es immerhin Erkältungen vor.

In Deutschland war die Zeit einfach reif etwas Neues auszuprobieren; Biertrinker schienen die Alternative, ihr Liebstes einmal von einer anderen Seite kennen zu lernen, gerne anzunehmen, und so wurde die Limettenscheibe im Flaschenhals des mexikanischen Bieres als trendige Variante Freude strahlend begrüßt. Die durchsichtige 0,3er Flasche mit dem eingravierten Emblem hat denn auch so gar nichts Rustikales mehr, vielmehr versprüht Corona ein Wellen rauschendes Karibikflair.

Der durch Corona inszenierte Umbruch ist kein heftiger Ruck, der durch die Gesellschaft geht, vielmehr ein subtiles Wachrütteln, ein sich nach und nach entfachendes Feuer der Leidenschaft für Exotisches. Zusehends weicht der Konformismus aus den Getränkeregalen; eine Fülle unterschiedlichster Flaschenformen und -farben strahlt im Verlauf der nächsten Jahre nebst ergrautem heimischen Trinkgut. Fortan verliert das Reinheitsgebot seinen Stellenwert. Gut ein Dutzend Jahre später ist selbst perversesten Panschereien, wie Tequila- oder Caipirinha-Bier-Gemischen, Tor und Tür geöffnet. Doch obwohl Corona seit nunmehr 15 Jahren auf dem Deutschen Markt vertreten ist, ist es immer noch der meistgetrunkene Exot.

Fazit: Es lebe die sanfte von Mexiko ausgehende Revolution in der Alten Welt.

Bier-Bewertung: Corona aus Mexico (1-4)

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